Das Zentrum der Anlage ist ohne jeden Zweifel das Brunnenhaus. In seiner ursprünglichen Form von Holzwänden geschützt, diente es der Wasserversorgung von bis zu 1000 Menschen und wurde bis in die Häuser geleitet!
Der Bau des Brunnens auf dem ,,Platz” zog sich lange hin, – von 1738 bis 1744 wird in Abständen davon berichtet.
Das Ergebnis war beeindruckend.
In der Beschreibung im ,,Inventarium von 1753″ (Fürstl. Archiv Büdingen), einer Bestandsaufnahme der Baulichkeiten nach dem Wegzug der Herrnhuter Brüder heißt es:
,,Der Brunnen steht auf dem Platz, Ist mit Schiefersteinen gedeckt und ringsherum mit Gatterwerk so grau angestrichen, versehen. Die drei Türen daran haben französisches Schloß, der Fußboden ist nebst noch ein Stück außen davor mit Platten belegt, hat einen Wasserstein mit grau angestrichenem Deckel, auch eine Wasser-Rinne zum Anhängen. Davor ist eine kleine Fall-Tür, die Röhren, wohin das Wasser geplumpt werden soll, zu richten, nämlich in das Große Gemein-, Waisen-, Brüder- und Schwesternhaus, wohin bleierne Röhren gehen; der Brunnen ist oben rund und mit Quader-Steinen eingefaßt, hat ein Rad mit einem langen und starken Seil mit Kasten zum Hinunterlassen und 3 Plumpen, wodurch das Wasser in bleierne Röhren heraufgeholt wird.”
Wenig bekannt ist über das Schicksal des Brunnenhauses nach dem Weggang der Herrnhuter.
Anfang der 50er Jahre jedoch beschrieb die zuständige Landeskonservatorin Anneliese Klappenbach den Zustand folgendermaßen:
„Der 40 Meter tiefe Brunnen mit seiner runden Sandsteinbrüstung und dem darüber errichteten achteckigen hölzernen Brunnenhaus mit Mitteltürmchen steht noch heute im Zustand bedauerlicher Verwahrlosung. Auch das luftige Spaliergitter, das ursprünglich die offene Holzkonstruktion umgab, ist verschwunden. (….)“
Als im Mai 1956 Hans Merian aus der Herrnhuter Gemeinde Neuwied nach Herrnhaag kam und den Zustand des Brunnenhauses mit Fotos dokumentierte, konnte er nicht ahnen, dass es 2 Wochen später einstürzen würde.
Fotos von Hans Merian
Bis zum Jahr 2009, dem Jahr des 50. Jubiläums der Vereinsgründung, sollte es dauern, ehe mit der Planung des Wiederaufbaus des Brunnenhauses begonnen werden konnte.
Am 11.Oktober 2010 war es soweit: an einer Ecke wurde das Pflaster /die Sandsteinplatten innerhalb der Brunnenhausgrundmauer aufgenommen und es fanden sich in ca. 25 cm Tiefe darunter Teile einer zweiten Lage Sandsteine, deren Fugenbild sich im Gegensatz zu der oberen am Grundmuster des Achtecks orientiert waren. Diese Funde waren für die Denkmalpflege so interessant, dass im Frühjahr 2011 eine bauhistorische Bestandsaufnahme in Auftrag gegeben wurde. Im Ergebnis wurde klar, dass die alte Substanz (Stein) optisch von dem neuen Bauwerk (Holz) getrennt werden musste. Die Gründung des Brunnenhauses sollte daher nicht mehr auf der alten Grundmauer, sondern auf neuen Fundamenten stattfinden.
Am 19. März 2012 begann die Jugendwerkstatt Herrnhaag e.V. mit dem Aufbau der Fachwerkwände des neuen Brunnenhauses.
Die Sandsteinlatten um den historischen Brunnen wurden vom 29.5. – 8.6.2012 verlegt. Neue Platten mischen sich dabei mit Platten die vermutlich aus der ursprünglichen Substanz stammen.
Im Sommer 2012 wurde das untere Dach mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Die 1 Meter hohe Originalspitze wurde von einem Restaurator überarbeitet und die Turmhaube verschiefert.
Zum Tag des Denkmals im September wurde am 03.09.2012 die neue Glocke mit Hilfe eines Autokrans und die Turmhaube montiert. Am 04.09.2013 wurde schließlich Richtfest gefeiert.