Damit uns die Decke nicht auf den Kopf fällt…

Zu den laufenden Sanierungsarbeiten im Saal der Lichtenburg gehört auch die Sicherung der einzigen noch verbliebenen historischen Putzreste an der Saaltonne. Eigentlich eine schon lange überfällige Maßnahme. Abgesehen von den Putzschäden stellen sie auch eine Gefahrenquelle dar. Man stelle sich vor, eines der losen Randteile bräche ab und fiele von der hohen Decke jemandem auf den Kopf! Dann gäbe es mehr als nur Kopfschmerzen.

vor Beginn der Sanierung

Grundlage allen weiteren Vorgehens war eine Analyse und daraus folgend ein Konzept zur Sanierung. Dies wurde von Restaurator und Kirchenmaler Adrian Neus erstellt.

Putzschaden in der Gaube
Schadensbild Rand
Restaurator Adrian Neus

Die Analyse ergab, dass große Teile des Kalkputzes hohl liegen und Randbereiche abgängig sind und teils lose von der Decke hängen. Zum Verständnis sei ausgeführt, dass die Erbauer zunächst eine Bretterschalung auf dem Dachstuhl befestigt hatten. Auf dieser wurden Schilfrohrmatten zweilagig diagonal versetzt aufgebracht. Die Schilfrohrmatten wurden mit Drähten und handgeschmiedeten Nägeln auf der darunterliegenden Schalung befestigt. Auf diesen Untergrund wurde ein Kalkputz mehrlagig aufgetragen. Im Laufe der Jahrhunderte hatte der Putz mit der Schilfrohrarmierung in Teilen die Haftung mit der Schalung verloren.

Als Maßnahmen werden vorgesehen: Behandlung der hohl liegenden Stellen mit einem Netzmittel und anschließend das Hinterspritzen mit einer speziellen Mischung aus Kalkkasein und Marmormehl mittels kleiner Injektionsspritzen je nach Schichtstärke in mehreren Arbeitsgängen. Anschließend wird der Putz mit kleinen Edelstahlschrauben wieder mit der Schalung verbunden. Dabei ist auf große Sorgfalt und Fingerspitzengefühl zu achten, um den Putz ohne Druck mit der Schalung zu verbinden, damit es zu keinen neuen Schäden kommt. Die winzigen Löcher werden wieder mit artgleichem Material verschlossen. An den Randbereichen wird neues Schilfrohr zwischen die historischen Schilfrohrstäbe geschoben und jene wiederum mit feinem Edelstahlgewebe gefestigt. Es wird Edelstahl verwendet, um Korrosion zu vermeiden. Dies ist nur eine grobe Beschreibung der Arbeiten und lässt leider nicht erkennen, mit welchen ausgefeilten physikalischen und chemischen Kenntnissen der Restaurator seine Hilfsmittel auswählt und verwendet. Die Randbereiche werden mit einem Kalkputz angeböscht, um einen evtl. später erfolgenden Deckenputz rissfrei anschließen zu können.

Die Restaurierung förderte auch Unbekanntes zutage. Ein Loch in der Decke war in Laufe der Jahrhunderte mit einer „Lehmplombe“ verschlossen worden. Hier hatte einmal ein Kamin gestanden. Dieser ist nicht bauzeitlich, sondern wurde bei einer der späteren Nutzungen eingezogen. Von dem Kamin soll es noch ein Foto im Archiv geben. Dieses Loch mit dem artfremden Lehmputz wurde vom Restaurator entfernt, eine Bretterschalung wieder eingebracht und mit Kalkputz geschlossen sowie das unterbrochene Stuckornament um die Gaube ergänzt.

Lehmplombe
Reparatur in Progress
Fertig

Die Arbeit musste leider zu einer für den Restaurator ungünstigen Jahreszeit erfolgen. In den kalten Wintermonaten war es teilweise so kalt, dass das Wasser in den Eimern gefroren war. Durch eine an der neuen Deckenschalung befestigten Plane wurde eine Art Zelt geschaffen, in der man die Luft mit einem Heizlüfter etwas erwärmen konnte und sie am Entweichen in den Saal hinderte. Trotzdem wurden dem Restaurator die Hände schnell kalt.

Not macht erfinderisch

Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Weil in drei Gauben auch der historische Putz durch neuen Putz ergänzt wurde, wirkt er jetzt wie eine geschlossene Fläche und lässt die Schönheit der ehemaligen Saaldecke nun etwas deutlicher werden.

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